Wolfgang packt den Film in seine 10 schlechtesten Filme des Jahres:
Link: https://youtu.be/NS8PiqraFBs
Muss man nicht kennen.
Neulich hab ich kurz in ein Video reingeguckt, in dem er allen Ernstes SHIN GODZILLA als pazifistisches Meisterwerk gefeiert und GODZILL MINUS ONE als rechte Kriegspropaganda verdammt hat. Dessen Gesabbel hält man echt im Kopf nicht aus.
Halte sein Gesabbel auch nicht aus, aber man muss jetzt kein Wolfgang M. Schmidt sein, um zu sehen das in Minus One eher Verherrlichung bzg. des Militärs und der Rolle Japans im Zweiten Weltkrieg statt findet und in Shin Godzilla sich die Impulse zu Bewältigung der Krise aus der Zivilgesellschaft stammen, während Politik und Militär scheitern und in Bürokratie versinken, sowie die Rolle der USA in der japanischen Sicherheitspolitik stark kritisiert wird. Der Film endet immerhin mit der direkten Drohung eines erneuten Atomwaffen Einsatzes auf japanischen Boden. Das sind schon eindeutige politische Positionen, die sich auch in den anderen Werken der jeweiligen Filmeschaffenden wiederfinden, die gerade auch in Japan sehr kontrovers diskutiert werden. Godzilla war schon immer mehr als eine Popkultur Figur sondern ein Spiegel der japanischen Gesellschaft, man sollte die Filme aber auch nicht darauf reduzieren. Hab das Video nicht gesehen, aber ich habe schon deutlich absurdere Thesen von Wolfgang M. Schmidt gehört. Mein Favorit ist der Faschismus in König der Löwen.
Aber bei minus one findet sich doch eine gruppe von normalos, die gerade weil der staat sie im stich lässt sich zusammenschließt um godzilla zu besiegen. Verherrlicht das wirklich das militär? Das Kamikazeflieger, die den zweiten Weltkrieg überlebt haben, gesellschaftlich geächtet und als Schande gebrandmarkt waren, ist ja in japan bekannt. Dieser Film aber macht deutlich: Es lohnt sich nicht, für Regierungen in den Krieg zu ziehen, sein Leben einfach wegzuwerfen. Das Leben sollte an erster Stelle stehen, und es ist die Aufgabe eines jeden, der den Krieg überlebt hat, sein Glück zu finden.
Ich mach mal hier weiter. Also der Punkt ist, dass wir das aus einer westlichen Perspektive versuchen zu lesen. Vergegenwärtigen wir uns die Situation in Japan, wo es nie eine vergleichsweise Aufarbeitung- und Vergangenheitsbewältigung gegeben hat, wie es in Deutschland der Fall war. Es gibt kaum Unrechtsbewußtsein gegenüber den Gräul der japanischen Kriegsverbrechen, da steht eine ganz andere kultureller Background. Jahrhunderte Militärdiktatur, abgelöst von der Restauration des Kaisers, der auf der Stufe eines Gottes erhoben wurde, Isolationspolitik und erzwungene Öffnung, eine vollkommen anfere Sichtweise auf den Akt der Selbsttötung ect.
Schaut euch mal die pazifistischen Filme aus Japan an, von Barfuß durch Hiroshima bis zu den letzten Glühwürmchen. Der Schrecken des Krieges wird immer mit dem Leid der Japaner illustriert, nie wird die Perspektive der überfallenen Völker, wenn sowas mal zu Sprache kommt das der Krieg auch woanders statt fand (und von Japan dorthin getragen wurde), dann indirekter in Form von gefallenen japanischen Soldaten, die sich heroisch geopfert haben. Ein sehr gutes Beispiel ist Wie der Wind sich hebt von Hayao Miyazaki, der mit seinen Film einen wahren Skandal losgetreten hat, der medial in Japan große Aufmerksamkeit auf sich zog. Selbst er als Vollblutpazifist, aber mit einer Vorliebe für das Fliegen und auch dem militärischen Flugzeugen hielt er auch nie hinter den Berg, diesen Konflikt mit sich selbst hat er auch oft im Interviews thematisiert. Wie dem auch sei, aus linken Kreisen (zahlenmäßig wenigen) wurde er für die Verharmlosung von Jirō Horikoshi getadelt, während er für den einen einzigen Shot, die zudem nur surrealistisch und maximal indirekt einen Teil der Folgen von Horikoshis Handeln zeigen, wurde er wiederum von einer Vielzahl an Konservativen, Nationalisten und Rechts-Populisten massiv angegangen. Sprich einen Film, wofür man Geld und sich durch ein sehr festgefahrenes Studio System kämpfen muss, der sich wirklich kritisch mit der Kriegsschuld und den Kriegsverbrechen Japans auseinandersetzt, ist quasi unmöglich und nicht mal denkbar.
Aus genau dieser Perspektive muss man nun Godzilla Minus One betrachten. Der Tenor des Films ist nicht: Mensch das ist aber echt Scheiße, was unsere Regierung getan hat
Sondern: Hätte sie mal mehr für unsere Jungs getan, dann wären wir auch siegreich gewesen. Echt doof, deswegen haben wir unser ganzes Spielzeug nicht mehr. Es gibt etwa den Dialog wo es darum geht, dass die Amerikaner bedauerlicherweise die Flotte enteignet hat, wo genau das Beschriebene verbalisiert wird. Godzilla Minus One hat eine eher konservative, verherrlichende Perspektive auf Japan und das ist halb eine weit verbreitete, da ist Hideaki Annos Shin Godzilla eben um ein vielfaches progressiver, hat sich durch die Gegenwartshandlung natürlich auch eine dankbareres Setting gewählt. Ich will damit Godzilla Minus One auch nicht als generell kriegsverherrlichenden, faschistischen Film brandmarken, dass sind dann wohl eher die Worte von Wolfgang M. Schmidt.
P.S.: Ich mag den Film übrigens sehr gerne, eine kritische Betrachtung kann aber nicht schaden. :)