Ich war ziemlich enttäuscht, als ich den Film zum ersten Mal gesehen hatte, gerade weil ich Jahre vorher den Roman gelesen hatte, und eine gewisse Erwartungshaltung hatte.
Eine 1:1 Verfilmung ist auch aus heutiger Sicht nicht möglich.
Keine Freigabe oder Zensurbehörde würde den Film durchwinken.
Schon allein die Szene mit der Ratte und dem Abflussrohr würde eine Freigabe unmöglich machen.
Genau diese Art Kommentar bestätigt meine Sicht auf das Buch: Selbstzweckhafte Gewaltdarstellung ohne narrative Tiefe.
Ellis geht in seinem Roman in weiten Teilen im Exzess pornografisch mit Gewalt um, er stellt die sadistischen Fantasien des Protagonisten IMHO weitaus detaillierter dar als für die immer postulierte „Botschaft“ (s.u.) notwendig wäre. Die expliziten Beschreibungen von Mord, Folter und Vergewaltigung wirken hier leider meistens nicht als Mittel zur Kritik, sondern meistens als reiner Selbstzweck. Und daran ändert für mich auch die durchaus berechtigte Frage Nix, ob die Gewalttaten überhaupt real sind oder von BAteman, dessen Wahrnehmung über den Buchfortschritt zunehmend unzuverlässig wirkt, nur halluziniert werden.
Ellis überlässt es in diesen Porn-Szenen IMHO dem Leser, zwischen Gesellschaftskritik und Voyeurismus zu unterscheiden – ein Risiko, das definitiv nicht aufgeht: Denn ich möchte den Prozentsatz derjenigen Leser gar nicht kennen, die bis zur nächste Hammerszene alles dazwischen schnell überblättert haben bzw. grob überflogen, um dann in der Szene endlich jeden Buchstaben aufzusaugen. Bzw. einen Film erhoffen, der nicht enttäuscht, sondern endlich das, was sich im Buch nur vor dem geistigen Auge aufbaut, endlich visuell auf die Leinwand bringt. Ohne Abschwächung.
Für mich ist das Buch mehr Schockeffekt als Substanz – ein kalkulierter Skandal statt tiefer Literatur.
Die Frauenfiguren im Roman sind fast durchweg klischeehaft, eindimensional und existieren oft nur als Opfer in Batemans Welt. Dass die Gewalt so ausgiebig beschrieben wird, ohne eindeutig subversiv gebrochen zu werden, halte ich für ausgesprochen gefährlich.
Ich erkenne aber natürlich auch den durchaus interessanten Kern des Werks: Ein bösartiger Zerrspiegel einer Gesellschaft, in der Menschen zu Marken und Gefühle zu Posen verkommen. Kein Thriller, keine Moralgeschichte – sondern ein literarischer Tritt gegen ein System, das alles nivelliert: auch bestialischen Mord. Das durch grenzenlose Provokation eine völlige gefühlsleere der damaligen Gesellschaft ins Scheinwerferlicht zieht.
Leider aber zerstört Ellis all das dadurch, dass ich bei jeder der Gewaltseiten den Verdacht nicht los wurde: da kalkuliert jemand den Skandal, der verkauft. Denn nötig für die zentrale Botschaft des Werks wären diese detailexzesse niemals.
Fazit für mich: overhyptes Pamphlet eines überschätzten Autors. Noch dazu stinklangweilig, aber das mag ja tatsächlich Absicht sein und würde dann schon stimmig passen. Ändert aber nix an dieser Tatsache.
Zum Film: Sage ich selten bei einem Buch: Aber der Film macht alles besser als das Buch - und in der Botschsft glaubwürdiger 👍 - und ein Remake kann eigentlich nur schlechter werden.