The wild boys (OT: Les Garçons Sauvage)
Stell dir nur mal vor, nach einer Nacht
Wärst du in einer besseren Welt erwacht
Eine Welt, in der's kein Fußball gibt und keine Kriege mehr
Wo alle höflich sind und nie vulgär
Wenn alle Männer Mädchen wären
Dann wär' die Welt perfekt
Keine Drogen, keinen Hass
Kein Mensch, der mich erschreckt
Wenn alle Männer Mädchen wären
Wär's paradiesisch hier
(sinnentstellend zitiert nach: Die Ärzte: wammw)
Der Film beginnt mit einer kunstvoll arrangierten Szene, in der fünf Jungs Literatur zitierend und mit Masken verkleidet eine Frau vergewaltigen und töten. Die Uniformität der Jungen in Kombination mit der stilistischen Inszenierung lassen Parallelen zu Kubricks „Clockwork Orange“ aufkommen. Inhaltlich scheint sich dies zunächst auch zu bestätigen: Fünf außer Kontrolle geratene Jungen werden auf eine Umerziehungsreise geschickt. Während Kubrick sich aber auf die Folgen dieser Konditionierung konzentriert, geht Bertrand Mandico völlig andere Wege….
Was für ein Wahnsinns-Trip, im wahrsten Sinne des Wortes. „The wild boys“ in Worte zu fassen fällt schwer. Ist es Arthouse oder Exploitation, Fantasy oder Gegenwarts-Analyse, erotisch oder abstoßend? Vielleicht auch alles zusammen, denn „Les Garçons Sauvage“ (so der Originaltitel) entzieht sich in seiner Eigenwilligkeit jeglichem Muster und jedweder Kategorie.
In stilistischem Schwarz/Weiß und bei einer Bildkomposition, welche eher an einen Stummfilm erinnert, zeigt uns Mandico eine völlig skurrile Geschichte, um eine Gruppe von schwerkriminellen Jungen, welche auf einer Insel mit mysteriösen Früchten gefüttert werden, die bewirken, dass
sie zu Mädchen werden. Zwangsgeschlechtsumwandlung als Mittel der Heilung.
Immer wieder durchbricht Mandico seine S/W-Komposition und liefert grelle Farben. Nach eigenen Angaben als Hommage an Kōji Wakamatsu, welcher dieses Stilmittel ebenfalls für Schlüsselszenen nutzte. Mit dem japanischen Meisterregisseur verbindet ihn noch mehr: beide verstehen es, skurrile Momente der Erotik mit Gewaltmomenten so zu kombinieren, dass etwas Besonderes daraus entsteht.
Und „The Wild Boys“ ist wirklich etwas Besonderes. Regisseur Mandico beweist sein Auge für ausgefallene Bilder und lässt sein junges Darstellerensemble unglaublich agieren. Im Minutentakt wechselt sich die eigene Gemütslage von Faszination zu Fassungslosigkeit, von zustimmendem Nicken zu entsetztem Kopfschütteln. Wenn es ein Film schafft solch unterschiedliche Gefühle in einem auszulösen, dann weiß man instinktiv, dass man es hier mit etwas ganz Ausergewöhnlichem zu tun hat.
9 / 10